ARBEITSKREIS MENSCHENRECHTE (AKM)
◆ Working Group for Human Rights ◆

VIETNAM: Dorfvorsteher ermordet, Landrechtsaktivistin inhaftiert

Quelle: Aktion der Christen für die Abschaffung der Folter e.V., www.acat-deutschland.de 


Die Bewohner des Ortsteils Dong-Tams im Distrikt My-Duc der vietnamesischen Hauptstadt Hanoi haben sich über Monate gegen die Beschlagnahmung von Land durch die Behörden zur Wehr gesetzt. 

Am 09.Januar 2020 wurde Dong-Tam um 04.00 Uhr morgens von 3.000 Polizisten umzingelt.Die Behörden führten eine Razzia im Haus des Gemeindevorstehers Le Dinh Kinh durch. Der Dorfälteste wurde dabei im Bett erschossen. Auch andere Bewohner wurden im Schlaf angegriffen. Die Behörden warfen den Menschen später vor, Widerstand geleistet und 3 Polizisten getötet zu haben. Die Polizei verhaftete bei der Aktion 29 Personen. 

Bis zum Prozess durfte keiner der Festgenommenen seine Familie sehen. Es war ihnen auch nicht gestattet, ihre Anwälte zu treffen. Nach der Untersuchung hatten die Anwälte erhebliche Schwierigkeiten, Prozessunterlagen zu erhalten.Der Prozess fand zwischen dem 7. und 14. September statt. Le Dinh Chuc und Le Dinh Cong, die Söhne des ermordeten Dorfältesten, wurden zum Tode verurteilt.Andere Angeklagte erhielten lange, zum Teil lebens-längliche Haftstrafen. Mehrere Angeklagte haben beschlossen, Berufung einzulegen. 17 Angeklagte erhielten Bewährungsstrafen, 13 von ihnen sollen bereits freigelassen worden sein.

Am 3. September beantragten 13 Verteidiger schriftlich beim Richter, den Prozess zu vertagen und die Untersuchung wieder aufzunehmen. Ihr Schreiben machte auf unklare und widersprüchliche Elemente in der Untersuchungsakte aufmerksam. Dem wurde jedoch nicht stattgegeben.

Während des gesamten Prozesses wurden die Rechte der Verteidigung entgegen Artikel 14 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte missachtet. Die Verteidiger wurden daran gehindert, während des Gerichtsverfahrens mit ihren Mandanten zu sprechen, außer am zweiten Verhandlungstag. 19 der 29 Angeklagten sollen gefoltert worden sein, um Geständnisse zu erzwingen. Mitglieder der Öffentlichen Sicherheit haben bestimmte Verteidiger innerhalb und außerhalb des Gerichts in Hanoi eingeschüchtert. Das Gericht weigerte sich, bestimmte Zeugen in den von den Verteidigern beantragten Zeugenstand zu rufen. Es wurde keine Rekonstruktion der Umstände des Todes von Le Dinh Kinh und der 3 Polizistenunternommen.

Darüber hinaus wurden die Landrechtsaktivistin Can Thi Theu und ihre beiden Söhne, Trinh Ba Phuong und Trinh Ba Tu, am 23. Juni 2020 festgenommen. Als die vietnamesische Regierung die Medienberichterstattung über den Vorfall in Dong Tam einschränkte, nutzten diese drei Aktivisten soziale Medien, um Geschichten über die in Dong Tam lebenden Menschen auszutauschen. Kurz nachdem die formelle Untersuchung des Vorfalls in Dong Tam abgeschlossen war, nahm die Polizei Can Thi Theu und ihre Söhne kurzerhand fest. Der älteste Sohn, Trinh Ba Phuong, hielt seine Verhaftung live auf Video fest. Es zeigte, wie die Polizei gewaltsam in sein Haus eindrang, wo sein neugeborenes Kind und seine Frau morgens noch ruhten. Seit der Verhaftung wurde seine Frau von den örtlichen Behörden schikaniert und verhört. Der jüngere Bruder, Trinh Ba Tu, befindet sich seit dem 7. August im Hungerstreik, um gegen die schlechten Haftbedingungen zu protestieren.

>>> Bitte helfen Sie mit, dass den Bewohnern von Dong-Tam Gerechtigkeit widerfährt und Landrechtsaktivistin Can Thi Theu und ihre beiden Söhne freigelassen werden. Bitte schicken Sie dazu das nachfolgende Schreiben kurzfristig an die genannten Stellen.


+ + + + 

Ministerpräsident 
Nguyen Xuan Phuc 
℅: Botschaft der
Sozialistischen Republik Vietnam
Elsenstraße 3
D-12435 Berlin

Fax: 030 536 302 00
E-Mail: sqvnberlin@t-online.de 




Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

in großer Sorge um Bewohner der Gemeinde Dong Tam, die im September 2020 vom Gericht in Hanoi verurteilt worden sind, wende ich mich an Sie.

Während des Prozesses wurden die Rechte der Angeklagten und der Verteidigung entgegen dem von Vietnam ratifizierten Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte missachtet. 

Die Verteidiger wurden bis auf den zweiten Verhandlungstag daran gehindert, während des Gerichtsverfahrens mit ihren Mandanten zu sprechen. Auch haben sie Einschüchterungen erfahren.

19 der 29 Angeklagten sollen gefoltert worden sein, um Geständnisse zu erzwingen. 
Das Gericht weigerte sich, bestimmte Zeugen anzuhören. Es wurde keine Rekonstruktion der Ereignisse vorgenommen, um den Tod des Gemeindevorstehers Herrn Le Dinh Kinh und von 3 Polizeibeamten aufzuklären.

Die Söhne des getöteten Gemeindevorstehers, Le Dinh Chuc und Le Dinh Cong, wurden zum Tode verurteilt. Mehrere Angeklagte haben beschlossen, Rechtsmittel einzulegen. 

>  Daher bitte ich Sie, den Verurteilten ein faires Berufungsverfahren gemäß  internationalen Standards zu gewähren. Ebenso ersuche ich Sie, dafür Sorge zu  tragen, dass alle Inhaftierten menschenwürdig behandelt werden.

Die Landrechtsaktivistin Can Thi Theu und ihre beiden Söhne, Trinh Ba Phuong und Trinh Ba Tu, wurden zudem am 23. Juni 2020 festgenommen, da sie sich zu den Ereignissen in Dong Tam geäußert hatten. Trinh Ba Tu trat am 7. August 2020 in einen Hungerstreik.

> Ich appelliere an Sie, die unverzügliche Freilassung von Frau Can Thi Theu und  ihren beiden Söhnen anzuordnen.

Freundliche Grüße





KOPIEN:

>>> Auswärtiges Amt, Berlin, Fax: 03018-17-3402, E-Mail: buergerservice@diplo.de  

>>> Deutscher Bundestag, Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe, Vorsitzende: Frau Gyde Jensen, Fax: 030-227-36051, E-Mail: gyde.jensen@bundestag.de